Stadt Wasserburg am Inn

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künstlerisch-grafischer Nachlass des Wasserburger Grafikers Hugo Bayer

Bestand künstlerisch-grafischer Nachlass des Wasserburger Grafikers Hugo Bayer

(BÜ)

1) Vorwort/Bestandsgeschichte/Inhalte:

Stadtarchiv Wasserburg a. Inn, Bestand VI. Sammlungen, Nachlässe und Deposita, Vereine, zeitgeschichtliche Dokumentation

Stadt Wasserburg a. Inn und Umgebung »» Gesellschaft »» Bevölkerung »» Einzelpersonen (Künstler, Schriftsteller, Personen des Zeitgeschehens etc.) »» Bayer, Hugo

VI5999-VI6060

Laufzeit: 1924-2010, 62 Einheiten

sowie

VPla0864-VPla0867

Laufzeit: 1930-2006, 4 Einheiten


Der künstlerisch-grafische Nachlass des Wasserburger Grafikers Hugo Bayer wurde im März 2021 von dessen Erbengemeinschaft durch die Stadt Wasserburg als Archivbestand für das Stadtarchiv angekauft.

Der Künstler und Grafiker Hugo Bayer wurde 1915 in Freising geboren. Im Alter von fünf Jahren kam er mit seiner Familie nach Wasserburg am Inn. Hier besuchte er die Volksschule und das Gymnasium. Nach dem Abitur 1932 zog es ihn nach Berlin. Ursprünglich war es sein Wunsch Priester zu werden. Jedoch lehnte ihn die katholische Kirche aufgrund seiner Schwerhörigkeit ab. Dafür trat er in den 1881 gegründeten Salvatorianer Orden ein, in dem er bis 1943 Mitglied blieb. Gleichzeitig absolvierte er ein Studium der Kunst- und Gebrauchsgrafik an der Meisterschule für Grafik und Buchgewerbe in Berlin.
Von 1940 bis 1945 wurde er in der Wehrmacht als Sanitäter in Frankreich, Russland und Albanien - hier teilweise auch als Wetterwart - eingesetzt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er schließlich wieder in seine alte Heimat Wasserburg zurück. 1946 folgte die Hochzeit mit Maria Niggl, mit der er fünf Kinder bekam. Seinen Lebensunterhalt bestritt er fortan als freiberuflicher „Kunstmaler“ - so die Bezeichnung in der Berufsbestätigung des Kunstverbands bildender Künstler München aus demselben Jahr. Im Schuljahr 1948/49 betätigte er sich zudem als nebenamtlicher Lehrer für das Malergewerbe. Bis Ende der 1990er Jahre arbeitete er vor allem als Grafiker - vorwiegend für Unternehmen in der Wasserburger Region. Allerdings lassen sich auch einige überregionale Firmen, diverse Gemeinden, Vereine und weitere Institutionen unter seinen Kunden finden. Das Spektrum seiner Dienstleistungen umfasste u.a. Werbung - wie Prospekte, Plakate, Zeitungsanzeigen oder Flyer -, PR- bzw. Merchandising-Produkte - vom Zigarettenbriefchen, Kalender bis hin zum Zuckerpäckchen -, Verpackungen - etwa für Butter, Joghurt und Co. -, Flaschenetiketten - beispielsweise für Bier und Schnaps -, kalligrafische Urkunden - für Jubiläen jeglicher Art - sowie Firmenbriefpapiere, Produkt- und Unternehmenslogos usw. Letztere stehen besonders herausragend für sein Werk - so stammt von ihm nicht nur das Kleeblatt-Logo der Reitmehringer Molkerei Meggle, sondern auch das Firmenzeichen mit den drei in einer Raute befindlichen Menschenfiguren der großen Wasserburger Molkerei Bauer. Daneben lassen sich in seinem Schaffen kalligrafische Arbeiten und Gestaltungen für sakrale Postkarten, Andachtsbildchen und Urkunden finden, die vor allem aus seiner Studienzeit stammen.
Im Jahr 2000 starb Hugo Bayer nur einen Tag vor seinem 85. Geburtstag. Sechs Jahre später wurde ihm eine Sonderausstellung im Museum Wasserburg gewidmet, die eng mit seinen Kindern geplant wurde. Ihr prägnanter Titel lautete: „Hugo Bayer - 50 Jahre Graphik in Wasserburg“.

Das breite und vielseitige Gesamtwerk Hugo Bayers wird durch den Archivbestand widergespiegelt. Das im Stadtarchiv nun tiefgehend verzeichnete Archiv- und Kulturgut besteht aus Fotografien, Verpackungs- und Werbematerial, PR- und Merchandising-Produkten, originalen Entwurfs- und Reinzeichnungen, Flaschenetiketten, Firmen- und Produktlogos, Briefpapier, Einladungen, Infobroschüren und -faltblättern, Stadt- und Umgebungsplänen, Karikaturen, Exlibris, Zeichenstudien aus seiner Schul- und Studienzeit, religiösen/sakralen Zeichenstudien und Entwürfen, gedruckte Postkarten, Andachts- und Trauerbildchen sowie Urkunden. Des Weiteren Briefe, Entwürfe für Wappen, diverse kalligrafische Arbeiten, Entwürfe für die unterschiedlichsten Stadtansichten Wasserburgs, Materialien und Pressespiegel für die Ausstellung von 2006, Druckplatten für Holz- und Linolschnitte sowie Produktdummys.
Durch den Bestand lässt sich nicht nur ein guter Überblick über Bayers Gesamtwerk nachvollziehen, sondern auch seine künstlerische Entwicklung vom Gestalter religiöser und kalligrafischer Arbeiten während seiner frühen Schaffensphase als Student bis hin zum Werbegrafiker, Produktdesigner und PR-Mann in seiner späteren beruflichen Laufbahn. Außerdem gibt der Bestand einen exemplarischen Einblick in die Arbeitsweise eines Grafikers in der vordigitalen Zeit. Zudem lässt sich durch die Tätigkeit Bayers für einen Großteil der lokalen Unternehmen eine Übersicht der Wasserburger Wirtschaftsgeschichte ableiten. Ein erheblicher Anteil des Bestandes besteht aus Produkt-, Verpackungs- und Werbematerial der Molkereien Meggle und Bauer, der Schnapsbrennerei Sigl sowie der Brauereien Grein- und Bruckbräu. Daneben sind u.a. folgende weitere, teilweise heute noch bestehende, aber auch mittlerweile geschlossene regionale Unternehmen vertreten: Sparkasse, Fleischwaren Soyer, Huber & Sohn, Welo, Josef Hain, Schechtl, Hotel Fletzinger, Hinderegger, Sissi usw. Im überregionalen Bereich: Hermann Jung Eis München, Soxhlet Berlin, Leo Bauer Neuötting usw.
Ein kleiner Teil des Bestandes stammt aus der Schul- und Studienzeit Bayers, seine religiösen Motive vor allem aus den 1930er und frühen 1940er Jahren. Der Großteil der Sammlung lässt sich jedoch in die 1950er bis 1980er Jahre datieren. Vereinzelt lassen sich auch spätere Arbeiten finden. Eine exakte Datierung der Einzelstücke war allerdings im Rahmen dieser Erfassung nur bei einem geringen Anteil des Bestandes möglich und bleibt eine Aufgabe bei künftigen Auswertungen.

Außerdem gehören zum Konvolut großformatige Arbeiten. Diese setzen sich vorwiegend aus Zusammenstellungen verschiedener von Bayer gestalteten Druckerzeugnissen, kalligrafischen Skizzen und Schriftproben, Plakaten sowie Plakatentwürfen zusammen.

Der Bestand wurde im Oktober und November 2021 von Stephanie Utschig verzeichnet.